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Ortsgeschichte Almhorst
Siegward, Bischof des Bistums Minden von 1120 bis 1140, schenkte der Mindener Kirche ein Vorwerk in Almhorst (Elmenhurst). Das genaue Datum der Schenkung ist nicht bekannt, weshalb wir den Zeitraum 1120-1140 als früheste Erwähnung des Dorfes annehmen müssen. Das Almhorster Vorwerk gehörte vermutlich zu einer Villikation (eine Art Gut oder Domäne mit verstreut gelegenen Nebenhöfen) mit dem Haupthof in Seelze. (Quelle: Dieter Scriverius, Die weltliche Regierung des Mindener Stiftes ..., Bd. 2, Marburg 1974)
Eine urkundliche Erwähnung mit genauer Jahreszahl finden wir im Calenberger Urkundenbuch, Abt. 3, Archiv des Stiftes Loccum: Laut Urkunde Nr. 412 bestätigen die Grafen von Hoya dem Kloster Loccum im Jahr 1282 die Schenkung von Hoyaschem Erb- und Lehngut nebst Leibeigenen, darunter ein Haus in Almhorst (Elmenhorst).
Almhorst nach der Kurhannoverschen Landesaufnahme 1781; die Zahl 29 beim Ortsnamen bezeichnet die Anzahl der Hofstellen.
Dorf und Feldflur aus der Vogelperspektive 1971. Am linken Bildrand der Friedhof, oben rechts (Richtung Seelze) die Almhorster Windmühle.
Einst in einem Ulmenwald
Der Name Almhorst (im Mittelalter Elmenhorst oder Elmenhurst) wird allgemein als ,Ort in oder bei einem Ulmenwald' gedeutet. Die Ulme war bis vor wenigen Jahrzehnten neben Eiche und Hainbuche ein sehr häufiger Baum in den heimischen Wäldern, so auch im Lohnder Holz, das heute in seinem östlichen Teil zumeist Almhorster Wald genannt wird. (Seit den 1970er Jahren verursacht der Ulmensplintkäfer ein europaweites Ulmensterben.) Die südliche Ausdehnung des Waldes mag im Mittelalter so weit gereicht haben, daß das Kerndorf, um die Jahrtausendwende vielleicht nur drei bis fünf Höfe, ganz oder teilweise von Wald umgeben war.
Seine Grundstruktur als Haufendorf wird Almhorst - wie alle heute noch existierenden Calenberger Dörfer - in der spätmittelalterlichen Wüstungsperiode erhalten haben. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts dezimierte die erstmals hier auftretende Pest die Bevölkerung in Mitteleuropa um rund ein Drittel, was zu einer Siedlungskonzentration führte. Im Calenberger Land wurden etwa 40% der bis dahin sehr kleinen und dichter beieinander liegenden Siedlungen aufgegeben (vermutlich auch Lüteken Holtensen im Waldgebiet zwischen Almhorst und Lohnde); die verbleibenden Dörfer wuchsen und erhielten dabei die Gestalt, die heute noch in vielen alten Dorfkernen zu erkennen ist.
Die Bevölkerung vom 17. Jahrhundert bis heute
Als im Jahr 1600 das ,Lagerbuch des Amtes Blumenau' zusammengestellt wurde, bestand Almhorst (Allmenhorst) aus 23 Hofstellen unterschiedlicher Größe, wovon aber nur etwa die Hälfte soviel Land hatten, daß man von einer Landwirtschaft sprechen kann. Wer kein oder zuwenig Land hatte, ging einem ländlichen Handwerk nach oder arbeitete im Tagelohn auf größeren Höfen. Ein Dorfbewohner betrieb einen ,Krug' und schenkte Branntwein und Bier aus. Nach einer Kopfsteuerliste des Jahres 1689 läßt sich errechnen, daß Almhorst um 1700 etwa 170 Einwohner gehabt hat. Über zuverlässige Bevölkerungszahlen verfügen wir erst ab 1821, inzwischen hatte das Dorf 250 Einwohner.
Ein Jahrhundert später, 1925, waren es 320 Menschen, die hier lebten, bis 1939 sank die Zahl wieder auf 270. Flüchtlinge und Evakuierte ließen die Wohnbevölkerung am Ende des Zweiten Weltkrieges vorübergehend auf über 550 anwachsen, ohne daß der Wohnraum wesentlich vermehrt werden konnte. Bis 1961/62 ist die Zahl wieder auf 380 gesunken und stieg dann allmählich auf über 700 an. 2018 lebten rund 730 Menschen in Almhorst.
Almhorsts erster Kolonialwarenladen von Friedrich Meier befand sich in dem kleinen Anbau links (heute Rehwinkel); Aufnahme 1915. Personen: Luise Goltermann, Luise Schwiening, ein unbekanntes Kindermädchen, Wilhelm Schwiening und Frau Seifert. (Emaillierte Werbeschilder: Maggie und Kathreiners Malzkaffee)
25. Stiftungsfest des Radfahrvereins Concordia im Jahr 1927, im Hintergrund der Hof Riechers Nr. 12 (s.u. Foto Dorfplatz). Die Honoratioren in der Mitte sind Ludwig Offensand, Friedrich Mehring und Friedrich Riechers.
Dorfschule seit rund 300 Jahren
Auf eine lange Geschichte kann die Almhorster Dorfschule zurückblicken. Nachdem 1584 ein Schulhaus für das ganze Kirchspiel in Seelze (zu dem neben Almhorst und Seelze noch Harenberg, Döteberg, Gümmer, Lohnde und Letter gehörten) errichtet worden war, ging man rund hundert Jahre später daran, auch in den "Außendörfern" Unterricht zu erteilen. In Almhorst geschah dies seit Anfang des 18. Jahrhunderts im Haus des Kötners (Kleinbauern) Rosemeier, der mithin der erste uns bekannte Almhorster ,Schulmeister' war. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde dann von den Einwohnern, welche die Schule und den Lehrer vollständig selbst finanzieren mußten, am Westrand des heutigen Dorfplatzes (Hopfenbruch) ein Schulhaus erbaut, in dessen einziger Schulstube 30 Kinder aller acht Jahrgänge zusammen unterrichtet wurden.
Die Almhorster Dorfschule, seit 1953 in einem Neubau untergebracht, ist eine der wenigen kleinen Schulen, die die niedersächsische Schulreform in den 1960er Jahren überlebt haben. Die Kinder der Jahrgänge 5 bis 9 mußten jedoch ab 1961 zunächst nach Ahlem zur Schule fahren, später nach Seelze.
Das alte Schulhaus am Glockenbrink, wie der westliche Teil des Dorfplatzes früher genannt wurde, um 1970. Die Eiche links am Ehrenmal für die Gefallenen des 1. Weltkriegs wurde 1913 zum Gedenken an die Leipziger Völkerschlacht (1813) gepflanzt.
Das neue Schulgebäude vom Schulhof aus gesehen, Aufnahme um 1970.
Langer Abschied vom Bauerndorf
Wie die meisten Calenberger Dörfer lebte Almhorst bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts ausschließlich von der Landwirtschaft und ländlichem Handwerk (1689 gab es z.B. zwei Schuster und zwei Ölschläger im Dorf). Erst die Eröffnung der Eisenbahnlinie mit dem nahen Bahnhof Seelze 1847 brachte ganz allmählich Bewegung in eine über Jahrhunderte fast unveränderte Erwerbsstruktur. Das Handwerk nahm einen gewissen Aufschwung, und die Eisenbahn bot so manchen Arbeitsplatz. Und als 1902/03 in Seelze die chemische Fabrik von Eugen de Haën und eine Filiale der Continental Gummiwerke in Betrieb gingen, 1906/09 der Rangierbahnhof zwischen Seelze und Letter, 1913/16 von Westen her der Mittellandkanal mit Abzweig nach Linden gebaut wurden - da war es nur noch eine Frage der Zeit, wann auch Almhorst sein Gesicht verändern würde.
Aber die Almhorster Bauern wirtschafteten auf guten Böden und hatten ihr Auskommen, und so haben erst die tiefgreifenden gesellschaftliche und wirtschaftlichen Veränderungen der Jahrzehnte nach dem 2. Weltkrieg aus dem Bauerndorf eine Wohngemeinde mit vorwiegend Erwerbspendlern gemacht. Während Anfang der 1970er Jahre von den einst über 30 großen und kleinen Höfen immerhin noch rund ein Dutzend im Haupt- oder Nebenerwerb bewirtschaftet wurde, waren es 1999 nur noch fünf.
Im Rahmen der niedersächsischen Verwaltungs- und Gebietsreform wurde Almhorst - den jahrhundertealten Orientierungen und Bindungen nach Seelze durchaus gemäß - 1974 in die neue Großgemeinde (seit 1977 Stadt) Seelze eingegliedert.
Die Almhorster Windmühle in den 1920er Jahren. 1882 wurde sie als Galerieholländer gebaut, Flügel und Galerie sind schon in den 30er Jahren abgenommen worden.
Der Almhorster Dorfplatz (Hopfenbruch)
Norbert Saul, Stadtarchiv
Haben Sie noch Fragen? Möchten Sie noch weitere Informationen? Dann schauen Sie doch mal im Heimatmuseum Seelze vorbei. Oder wenden Sie sich an das Stadtarchiv.